Abstimmbarer Preselektor

DG5MK                                                                                                                                        02.2011

 

Entwurf eines abstimmbaren Bandpasses mit gleichbleibender Filtercharakteristik

 

Ein induktiv gekoppelter Bandpass mit 2 Kreisen behält bei einer Abstimmung über Drehkondensatoren genau dann seine Charakteristik, wenn die Belastung durch Quelle und Last stets zu einer konstanten Filtergüte führt, daher Q loaded = const. Daher muss sich der (transformierte Quellen- und Lastwiderstand) mit der Frequenz ändern.

 

Das Filter ohne Anpassung von Last und Quelle kann nach einem Standardverfahren entworfen werden, z. B. Meshfilter, oder aber einfach auch mit ELSIE (siehe ARRL Handbook SW). Bei einem Filter mit Seriellen Schwingkreisen ist der Resonanzwiderstand sehr niedrig. Dieser niedrige Widerstand kann beim Filterentwurf als Last/Quelle angesetzt werden, um zu der entsprechenden Filtercharakteristik zu gelangen.

 

In der Praxis hat sich gezeigt, dass ein Serienschwingkreis wesentlich unempfindlicher gegenüber Streukapazitäten ist. Er wurde daher in diesem Ansatz gewählt.

 

Zunächst soll ein Kreis des Filters isoliert betrachtet werden, um einige Kernkriterien herauszuarbeiten. Bild 1 zeigt einen seriellen Schwingkreis mit R_loss als gütebestimmendes Bauelement. R_loss ist abhängig von der Frequenz. R_equ und L_equ stellen den sich mit der Frequenz ändernden Belastungswiderstand dar. Da wir für die Transformation Induktivitäten verwenden, werden sie durch L_equ später abgebildet.

 

 

 

Die Güte des unbelasteten Serienschwingkreises ergibt sich zu:

 

(1)

Mit dem Ersatzschaltbild nach Bild 1 ergibt sich die Güte des belasteten Schwingkreises zu: 

(2)      

 

Formel (1) lässt sich nach R_loss auflösen und in (2) einsetzen. Damit ergibt sich:

(3)      

Q_ul ist durch die Güte der Induktivität bestimmt und soll hier als const angenommen werden. Da L_0 const und L_equ << L_0 angenommen wird, muss sich R_equ linear mit w ändern. Demnach bei doppelter Frequenz, doppelter Wert für R_equ für eine const Belastung des Schwingkreises.

 

Wie kann nun solch ein Transformationsnetzwerk aussehen? Da R_equ kleiner als eine übliche 50 Ohm Last sein muss, genügt eine singuläre Induktivität nicht.

 

Victor Koren hat in [1] einen interessanten Ansatz für ein Filter mit Parallelschwingkreisen gewählt, der hier ebenfalls genutzt werden kann. Die Details variieren jedoch aufgrund des hier verwendeten Serienschwingkreises.

 

Die Transformation von R_L auf R_equ kann mit einem Transformatormodell modelliert werden, allerdings muss dieser Transformator eine frequenzabhängige Übertragungscharakteristik haben.

 

Ein Vergleich des Transformationsmodells aus Bild 2 mit Bild 1 liefert als Zwischenlösung ein frequenzabhängiges Transformationsverhältnis:

(4)      

 

(4) nach R_equ aufgelöst und in (3) eingesetzt ergibt nach Umformungen und der Annahme das L_equ << L_0:

(5)      

 

Damit lässt sich nun für die Randfrequenzen des Filters ein Soll-Übertragungsverhältnis ausrechnen.

 

Beipiel: Bei einem Filter mit den Randfrequenzen von 3,5 MHz und 14 MHz, einer gegebenen Schwingkreisinduktivität von L_0 = 4,92uH und einer Last R_L = 50 Ohm ergibt sich bei einer Filtergüte von Q_L = 50 (aus Filterdesign) und einer Spulengüte von Q_ul = 200 (Ringkern):

                     

Demnach muss der 50 Ohm Last/Quellenwiderstand bei 3,5 MHz auf 1,62 Ohm und bei 14, 0 MHz auf 6,49 Ohm transformiert werden, um eine optimale Filterbelastung zu erhalten.

 

Angeregt durch [1] kann die Transformation mit zwei, nicht gekoppelten Induktivitäten durchgeführt werden. Bild 3 zeigt das Koppelnetzwerk abgeändert für den hier vorliegenden Fall:

 

Das Koppelnetzwerk aus Bild 3 lässt sich in die äquivalenten Widerstände und Induktivitäten nach Bild 1 überführen. Nach einiger komplexer Wechselstromrechnung ergibt sich:

(6)

 

(7)      

 

Unter der Annahme, dass L_equ klein gegenüber L_0 ist kann (4) mit (6) gleichgesetzt werden.

(8)      

 

Die unbekannten Induktivitäten L_1 und L_2 können nun bestimmt werden, da (8) für die beiden Randfrequenzen (w_1 und w_2) und den entsprechenden Übertragungsverhältnissen aus (5) angewendet werden kann. Nach Umformung und Gleichsetzung ergibt sich für L_1:

(9)        

 

und für L2:

(10)    

Beipiel: Unter Weiterführung des Beispieles zum Übertragungsverhältnis ergibt sich für L_1 = 0,457 uH und für L_2 =  0,669 uH.

 

Trifft die Annahme nun zu, dass L_equ klein ist gegenüber L_0? Einsetzen der Werte in (7) ergibt L_equ = 0,421 uH für die untere Designfrequenz. Die Annahme ist somit richtig. Allerdings kann sich dennoch nach (2) eine Abweichung der Parameter im zweistelligen Prozentbereich ergeben. Da auch die Spulengüte Q_ul frequenzabhängig ist, kann der gezeigte Ansatz nur als ein Näherungsansatz betrachtet werden.

 

L_0 ist nun wiederum um L_equ zu korrigieren, was aufgrund der Serienschaltung mit L_0 eine Subtraktion bedeutet.

 

Für eine induktive Kopplung der beiden Schwingkreise des Filters gibt es verschiedene Ausführungsmöglichkeiten. Eine übliche Hochpunktkopplung ist aufgrund der Serienschwingkreise hier nicht so möglich, würde auch eine Koppelinduktivität von 318,35 uH verlangen. Eine induktive Fußpunktkopplung wiederum ergäbe schlecht beherrschbare Induktivitäten im nano Henry Bereich.

 

Die Lösung ist hier eine transformierte Hochpunktkopplung. Diese nutzt die Induktivitäten der Resonanzkreise als ein Teil des Transformators aus. Der Koppelzweig wird durch wenige Wicklungen (z.B. n = 3) direkt über die Spule des Resonanzkreises gewickelt abgebildet. Bei einem Transformationsverhältnis von 10 : 1 ergibt sich eine neue Koppelinduktivität von 3,12 uH.

 

Versuche haben gezeigt, dass diese Auslegung der Kopplung unkritisch ist. Da die Kopplung der Transformationswicklungen höchstens mit k = 0,5 anzusetzen ist, sollte die Induktivität eher kleiner ausfallen. Bei einem praktischen Aufbau ist die Optimierung dieser Koppelinduktivität der erste Ansatzpunkt, um ein gewünschtes Übertragungsverhalten in Bezug auf Bandbreite und Dämpfung zu erhalten.

 

Bild 4 zeigt nunmehr die endgültige Schaltung mit Bemessung der Bauelemente. Die Berechnung der Werte kann mit dem verfügbaren Spreadsheet nachvollzogen werden. Das Sheet bietet weiterhin den Vorteil 5 Szenarien parallel durchzurechnen. Einzugeben sind die blau hinterlegten Werte. Ergebnis sind die grün hinterlegten Bauteilewerte.

 

R 6, R 8 und R 9 spiegeln die Verlustwiderstände der Induktivitäten wider, bzw. dienen dazu um Spice Fehler aufgrund von Simulationssingularitäten zu unterdrücken. Zumindest R 6 und R 9 können dem Spreadsheet für die obere Designfrequenz entnommen werden.

Die folgenden 3 Diagramme zeigen die Simulation des Filters bei 3,5 MHz, 7 MHz und 14 MHz. Gut zu erkennen ist die gleichbleibende Charakteristik des Filters. Bei 14 MHz nimmt die Einfügungsdämpfung allerdings schon etwas zu. Grund sind die Vereinfachungen aufgrund der Annahme L_equ << L_0.  Auf eine quantitative Auswertung der Simulation soll hier verzichtet werden zugunsten einer Messung eines Versuchsaufbaus.

 

 

Das folgende Foto zeigt einen Versuchsaufbau:

 

Das Filter wurde mit einem DG8SAQ vektoriellen Netzwerkanalysator vermessen. Ergebnisse sind die folgenden Plots mit Einstellung des Filters auf 3,5 MHz, 7 MHz und 14 MHz.

 

 

 

 

 

Gut zu erkennen ist das Übertragungsverhalten (blaue Kurve). Bei 3,5 MHz, 7 MHz und 14 MHz ergeben sich Einfügungsdämpfungen von 2,4 dB, 2,7 dB und 3,1 dB. Diese Werte liegen etwas unter der gewünschten Einfügungsdämpfung von 3,8 dB bei 2 % Bandbreite. Demnach ist eine etwas breitere Bandbreite zu erwarten. Die Kurven zeigen Bandbreiten von ca. 0,06 MHz, 0,22 MHz und 0,40 MHz, entsprechend 1,7 %, 3,0 % und 2,9 % Bandbreite. Die Unterdrückung unerwünschter Signale liegt bei rund 50 dB bezogen auf das nächst höhere/niedrigere Afu-Band.

 

Das hier aufgezeigte Konzept soll zum Experimentieren im Bereich variabler Bandfilter anregen. Es zeichnet sich vor allem aus durch:

 

  1. Alle Bauteilewerte sind im Zielfrequenzbereich vollkommen unkritisch. Parasitäre Kapazitäten und Resonanzen stellen keine unlösbare Aufgabenstellung dar.
  2. Die Wahl der Serienresonanzkreise trägt ebenfalls aufgrund der geringeren Anfälligkeit gegenüber Streukopplung zu einem unkritischen Aufbau mit ausreichender Selektionswirkung bei.
  3. Das Filter ist auf maximale Variabilität ausgelegt. Alleinige Kapazität sind die Abstimmkondensatoren. Der Aufbau zeigt einen überstreichbaren Bereich von 3,5 MHz bis weit über 20 MHz.
  4. Von 3,5 MHz bis 14 MHz ergeben sich weitestgehend gleichbleibende Werte für Bandbreite und Einfügungsdämpfung, darüber hinaus ist das Filter mit Einschränkungen nutzbar.

 

Weitere Erfahrungswerte im Aufbau eines solchen Filters würden mich sehr interessieren.

 

73/55 Michael, DG5MK